Freitag, 11. September 2020

Fortsetzung - Es geht mir ...

... noch immer G U T !

Das Leben ist so schön! 

Jeden Moment genießen, jeden Moment!

Mein Sohn und ich am Abend vor seiner Heimreise nach Wien! Meine Kieferoperation ist erst ein paar Tage her gewesen. Keine Schwellung zu sehen, keine blaue Flecken und ich kann lächeln. Natürlich hatte ich schmerzen und manchmal war es nicht auszuhalten, aber nicht für lange. Ich fühlte mich viel besser als jemals zuvor nach einer Kieferoperation. Woran kann das wohl liegen?

Am letzten Donnerstagabend im August, war es soweit. Ich hatte mich die Woche zuvor innerlich mit einer Leberreinigung und Ruhe auf den ganzen Prozess vorbereitet und fühlte mich gut. Es war eine herrliche Erfahrung und ganz anders.

Den Luxus einen Termin am Abend zu bekommen hatte ich noch nicht, normalerweise, wird einem der Termin gegeben und der Patient richtet sich danach. Den Tag zuvor bin ich schon ein wenig nervös geworden und die Nacht war recht kurz. Meistens treiben mich meine Schmerzen schon recht früh aus dem Bett und dann arbeite ich in meinem Atelier an Aufträgen, Liegengebliebenen und Neuem, bis es Zeit ist die Kinder zu wecken und den ganz normalen Alltag zu beginnen.

Am Tag der Operation, war ich nicht mehr sehr ruhig, dass heißt von außen schon, aber innerlich wurdelte es gewaltig. Zum Glück war mein älterster Sohn da und wir hatten einen herrlichen Tag zusammen.

Am frühen Abend machten Meneer van Duin und ich uns auf den Weg. Eine kurze Fahrt und schon waren wir da. Wurden erwartet und alles nahm seinen Lauf.

Der Eingriff wurde nochmals ins Detail besprochen und nachdem man mich 2x bat Platz zu nehmen stand ich noch immer. "Möchten sie ihren Mann dabei haben?" fragte eine lächelnde Assistentin. Ich dachte ich höre nicht recht. Meneer van Duin antwortete für mich, weil ich kein Wort heraus brachte. Meine Gedanken schwirrten und Erinnerungen kamen hoch, das ich so oft im Krankenhaus nachgefragt habe, ob mein Mann nicht bleiben darf, doch natürlich ist das in einem Krankenhaus nicht möglich. Meneer van Duin, hatte aber keine Ahnung und sagte, "Ich glaube, das wäre ihr nicht recht." Und schon war ich wieder da und sagte, "Doch, doch, dass möchte ich!" Somit wurde er auf seinen Platz verwiesen in der Ecke des Raumes auf einen Stuhl und es wurde ihm Kaffee serviert, unbeschreiblich. Der Duft vom Kaffee hing im Raum und war irgendwie angenehm. Gesehen habe ich ihn nicht, doch allein das Wissen, dass er in meiner Nähe ist, war genug.

"Was für einen Musik dürfen wir spielen?" Meneer van Duin, rief aus seiner Ecke mit einem Lächeln "Heavy Metal!" Nein, nein dachte ich mir, das halt ich nicht aus! "Da ich die Patientin bin, entscheide ich!" Bitte Anna Netrebko." Von einer der Assistentinnen kam ein, "Wer!" "Anna Netrebko, bitte" Nachdem ich den Namen buchstabierte war auf Spotify einiges gefunden. Ich entschied mich für das Album Souvenirs. Meneer van Duin hat es mir noch zu Wienerzeiten als Geschenk gemacht. Wann immer ich in Wien bin und die Möglichkeit habe Anna zu hören, bin ich hin und weg. Mit diesem Album verbindet mich der Beginn einer Liebe, Wien und meine Liebe zur Musik. Während dem Eingriff, bin ich im Gedanken in mein Servitenviertel spaziert, über die Wipplingerstraße auf den Hohenmarkt, die Rotenturmstraße hinauf zum Stephansplatz, danach über den Graben geschlendert, am Kohlmarkt abgebogen zum Michaelerplatz, durch die Hofburg und vom Heldenplatz nach rechts abgebogen in den Volksgarten zu meinem Lieblingsplatz dem Kaiser Elisabeth Denkmal. Die Gedanken sind frei und somit nahm ich das Tor am nächstem zum Burgtheater, wanderte durch den Rathausplatz, dachte an all die Musik die im Sommer durch die Nacht dringt, den Geruch der kulinarischen Küche und im Winter an den Christkindlmarkt und natürlich nicht zu vergessen mein geliebtes Eislaufen am Eislauftraum. schnellen Schrittes über die Reichsratsstraße an der Universität vorbei, wo ich stundenlang Zeit in der Bibliothek verbrachte, ging es zur Votivkirche, die Währingerstraße überqueren, in die Hörlgasse, ein bisserl Wasagasse und schon war ich in meiner geliebten Türkenstraße. Durch die Musik war ich auch immer wieder in der Staatsoper und am Franziskanerplatz. So machte ich meine Runden, langsam und ohne zu laufen.

Meine größte Angst bei all den Operationen war für mich, dass mein Gesicht zugedeckt wird. Über meine Augen werden Tücher gelegt und manchmal wurde auch ein kleiner Sack, gefüllt mit etwas schwerem, daraufgelegt. Über mein Oberkörper wurde ein Gurt gelegt, der nicht fest angezogen war, doch umfasste er meine Arme und meine Bewegungsfreiheit war eingeschränkt, was mich immer sehr nervös machte. Manchmal wurde mein Mund durch eine Spange, oder Klammer offen gehalten, manchmal nicht. Das war immer anders und immer ein sehr unangenehmes Gefühl. Es machte mich innerlich rasend und war kaum auszuhalten. Solche Operationen dauern nun mal länger. 

Auch spürt man keine Schmerzen, alles andere bekommt man mit. Das Blut das einem den Rachen hinunter läuft, wenn nicht gut abgesaugt wird. Der Schnitt der gemacht wird. Die Klammern, manchmal das Kratzen am Knochen, die anderen Maschinen die eingesetzt werden. Der Kopf wackelt ein wenig bis er festgehalten wird, denn irgendwie reicht die eigene Kraft nicht aus. Das Allerschlimmste ist nicht die Zeit, denn im Gedanken bin ich immer wo anders und versuche es mir so angenehm wie möglich zu machen, sondern die ersten paar Spritzen. Die Erste ist die pure Hölle, die Zweite bringt Tränen, bei der Dritten bin ich bereit zu Laufen und bei den Folgenden gebe ich meistens auf. Lange dicke Nadeln und die tun weh, egal wie oft, immer wieder auf's Neue. Und auch wenn ich davor die Toilette aufgesucht hatte, ich hatte immer das Gefühl, "Ich mach mich gleich an! " Doch wie gut, auch das geht vorbei. 

Diesmal war alles anders. Es gab keine Tränen, keine dicken langen Nadeln, keine grünen Tücher, keinen Gurt, keine Spange die meinen Mund offen hält. Nichts der Gleichen, was mich innerlich in Panik versetzt. Die Betäubung meines Kiefers war unangenehm, aber nicht schmerzhaft und ich war verwundert. Ich spürte sofort wie sich mein Körper und mein Geist entspannte. Das Gefühl, alles ist gut kam über mich und so war es auch. 

Die Musik füllte mich und brachte mich im Gedanken in meine Heimatstadt. Das Wissen, dass Meneer van Duin hier war, war beruhigend und die Art und Weise wie an mir gearbeitet wurde ließ mich entspannen, denn ich hatte keine Angst.  Was mich beeindruckte war, dass er auf meine Narben am Vorderkiefer acht gab. Immer wieder machte er auch seinen  "Schüler" einen Arzt in Ausbildung darauf aufmerksam. 

Ich wurde immer wieder gefragt, ob es mir gut geht, ob eine Pause gemacht werden sollte, ob  ich gut liege.....

Es ging mir gut, sehr gut!

Nachdem alles vorbei war, haben wir noch einige Instruktionen bekommen habe. Besonders eine war Wichtig, dass ich mich schonen soll und 3 Tage nichts tun. Was für ein Geschenk. Mir wurde ein Coolpack auf die Wange gelegt und mit nach Hause gegeben. Ich solle das Coolpack auf alle Fälle heute und wenn nötig morgen auflegen. Das tat ich auch und war diesmal nicht angeschwollen und blau und grün, wurde ich auch nicht. 

Natürlich hatte ich jede Menge Schmerztabletten und die Schmerzen blieben auch nicht aus, doch kein Vergleich zu anderen Operationen. Ich erholte mich viel schneller, als jemals zuvor. Keine Alpträume oder Sonstiges. Ganz einfach viel Ruhe, lesen, mit meinen Kindern Film schauen im Bett und immer wieder schlafen, war die beste Medizin. 

Meine Familie war herrlich, hat mir Zeit und Ruhe gegönnt. Blumen wurden abgegeben, Zeitschriften gebracht und Karten geschickt. Eine ganz besondere Freundin war immer bereit bei mir zu sein , oder die Kinder zu holen, wenn Menner van Duin es nicht schaffte. Dankeschön. Schmerzen die natürlich vorhanden waren sind auch wieder vergangen und tief drinnen hab ich die ganze Zeit gelächelt und war dankbar. 

Ich bin dankbar, dass es so gut gegangen ist. Dankbar, dass ich diese Erfahrung machen konnte. Ich freue mich so sehr, dass ich auf diese kleine sanfte Stimme gehört habe und alles ins Rollen kam. 

Das Leben ist schön, so schön!

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